Erinnerung

Wir waren sehr gespannt auf unser Treffen mit Frau Kurz geborene Möbius und ihre Erinnerungen an ihre Geschwister.

Erika Kurz berichtete bei ihrem Besuch in unserer Klasse sehr lebhaft von ihren Erlebnissen mit Adolf und Emma und von ihren Erinnerungen an die damalige Zeit.

Foto aus dem Privatarchiv von Erika Kurz geborene Möbius.
Foto aus dem Privatarchiv von Erika Kurz geborene Möbius.

Erika Kurz (links im Bild) zusammen mit Emma, Adolf und der heißgeliebten Puppe.

Alltag

Zunächst erzählte sie von ihren neun Geschwistern und dem Lebensalltag der Familie. Es habe wenig zu essen gegeben und sie sei jeden Morgen in UNSERE Schule gelaufen, die damals  Volksschule Gau-Algesheim hieß.

Das sei ein Fußmarsch von ca. einer Stunde gewesen. Bei Wind und Wetter und oft ohne Schuhe!

 

Sie könne sich noch sehr gut daran erinnern, wie ihre beiden Geschwister „Emmi und Adolf“ durch die Folgen der Kinderlähmung ihre Beine immer weniger benutzen konnten. Nach einiger Zeit konnten beide nicht mehr laufen. Ihre großen Brüder haben sie dann morgens vors Haus getragen, auf eine Bank gesetzt und dort seien die beiden den Tag über dann sitzen geblieben. Krücken oder Rollstühle habe es ja noch nicht gegeben. Beide spielten gerne mit einer großen Puppe von der ein Teil auf dem Foto in der Laurenzikapelle zu sehen ist. Frau Kurz erinnert sich:

 Als sie nicht mehr laufen konnten, war Adolf 8 und Emma 6 Jahre alt. An den Moment, an dem ihre Geschwister abgeholt worden sind, konnte sie sich noch genau erinnern. Und wir merkten, wie sehr die Erinnerung daran auch heute noch schmerzt.

Es sei ein großer Wagen gekommen und zwei Männer haben ihre Schwester und ihren Bruder einfach mitgenommen. Ihre Mutter habe gerade einen Korb mit Kartoffeln in der Hand gehalten und dieser sei ihr entglitten und scheppernd zu Boden gefallen. Der Vater sei nicht zu Hause gewesen. Der Mutter habe man nichts erklärt. Sie habe das Abholen ihrer Kinder nicht verhindern können.

Als wir ihr ein Bild von den Fahrzeugen zeigten, mit denen Patienten des Eichbergs transportiert wurden, erkannte sie das Modell des Fahrzeugs wieder. Das war eine sehr schmerzliche Erinnerung für sie. 

Dieses Ereignis und die grausamen Folgen, die der Aufenthalt auf dem       „Eichberg“ für Emma und Adolf hatte, wurde in der Familie immer wieder besprochen. Bis heute sind die Szenen in der Erinnerung von Erika Kurz lebendig.

 

 

Nach Angaben von Frau Kurz war es der damalige Bürgermeister, der ihre Geschwister – auf eine Anordnung hin (siehe Gesetze und Befehle)- als "behindert" gemeldet hatte. Er habe einige Zeit später noch versucht, sich bei der Mutter zu entschuldigen. Das habe die Mutter aber gar nicht hören können oder wollen. 

 

Für unsere Arbeit hat Frau Kurz uns noch weitere Fotos und Dokumente der Familie zur Verfügung gestellt und ist mit der Veröffentlichung einverstanden.


Fotos und Dokumente

Frau Kurz stellt uns Fotos und Dokumente vor. 

 Einblick ins Familienalbum.

Foto aus dem Privatarchiv von Erika Kurz geborene Möbius.
Foto aus dem Privatarchiv von Erika Kurz geborene Möbius.

Emma wurde in der Familie liebevoll "Emmi" genannt.

Foto aus dem Privatarchiv von Erika Kurz geborene Möbius.
Foto aus dem Privatarchiv von Erika Kurz geborene Möbius.

Die kleine Emma im Alter von 2 Jahren vor dem Wohnhaus auf dem Laurenziberg.

Foto aus dem Privatarchiv von Erika Kurz geborene Möbius.
Foto aus dem Privatarchiv von Erika Kurz geborene Möbius.

Emma rechts im Bild, im Kreise ihrer Geschwister, liebevoll an ihre Mutter geschmiegt.

Vieles von dem, was uns Frau Kurz erzählte, deckte sich mit den Aussagen des Aufsatzes von Dr. Ludwig Hellriegel.

Neu waren für uns die Schilderung der Lebensumstände der Familie.

Wir waren Adolf und Emma mit den persönlichen Schilderungen von Frau Kurz viel näher gekommen, als es mit Fakten möglich gewesen wäre.

Fragen

Dennoch blieben ein paar Fragen offen und es kamen sogar neue Fragen hinzu.

Wurden die Kinder wirklich auf dem Eichberg umgebracht und beerdigt?

Was war die Todesursache?

War die Behinderung von Adolf und Emma dafür ausschlaggebend?

 

Für uns hieß dies, dass eine weitere Exkursion anstand und wir zum Eichberg fahren wollten. Ebenso wollten wir versuchen, Einblick in die Sterbeurkunde der Kinder zu nehmen. Dazu mussten wir Kontakt zum Staatsarchiv in Wiesbaden aufnehmen.