Ausgrenzung und Integration          - Ein Fazit

Unsere Recherchen auf dem Eichberg und Aussagen von Zeitzeugen ergaben, dass Adolf und Emma Möbius wirklich aufgrund ihrer Behinderung umgebracht wurden. Eine wichtige und neue Erkenntnis war, dass Adolf fünf Tage früher gestorben war, als bisher angenommen wurde. Unsere Recherchen konnten glücklicherweise nicht bestätigen, dass er unter dem Namen Ernst begraben wurde. Dies war vor allem für die hinterbliebene Schwester tröstlich zu erfahren.

 

Aber Adolf und Emma waren natürlich keine Einzelschicksale.

Es gab Verordnungen und Erlasse die diese Vorgehensweise ermöglichten (siehe Gesetze und Befehle).

Warum aber haben die Menschen diese Befehle zur Tötung behinderter Kinder ausgeführt?

Diese Frage wurde heftig diskutiert.

Bei unserer Recherche stießen wir auf Obermedizinalrat Ewald Meltzer 

(15 ).

1920 verschickte dieser 200 Fragebögen an Eltern behinderter Kinder, in denen er wissen wollte, ob diese einer ‚Lebensverkürzung’ zustimmen würden.

Von 162 Eltern waren nur 19 Eltern strikt dagegen.

Wir denken dies zeigt, dass viele Eltern nichts gegen die Tötung behinderter Kinder hatten. Vielleicht hatten sie Angst, dass diese ihnen zur Last fallen könnten. Vielleicht hatten sie zu viele Kinder und konnten sich nur um die gesunden kümmern.

Vielleicht dachten die Menschen später im Krieg, dass behinderte Kinder nicht kämpfen, ihr Land nicht verteidigen und auch nicht arbeiten können, wenn sie erwachsen sind.

Zusätzlich wurden die Menschen durch die Presse beeinflusst. Hierzu fanden wir folgendes Plakat (16 )

Hier wird ein behinderter Mensch als Kostenfaktor dargestellt, der dadurch die Gemeinschaft schädigt.
Hier wird ein behinderter Mensch als Kostenfaktor dargestellt, der dadurch die Gemeinschaft schädigt.

Behinderte Menschen gehörten nicht mehr zur Gemeinschaft und wurden als Außenseiter ausgegrenzt, entrechtet und ermordet.

 

Dr. Alexander Ulrich, heute Oberarzt der Vitos Klinik auf dem Eichberg, sagte in einer Ansprache zum Gedenken an den Ausbruch des zweiten Weltkrieges am 1.September 2014: "...zusätzlich hatten die Erfahrungen des ersten Weltkrieges in der deutschen Bevölkerung zu einer Verrohung geführt. Die Würde des Einzelnen als Person fand keinen Raum mehr..."    ( 17)

Dies spiegelte sich unserer Meinung nach auch in den verwendeten Begriffen wie " Balastexistenzen" oder "lebensunwertes Leben" wieder,auf die wir immer wieder im Zusammenhang mit Behinderten in der Zeit des Nationalsozialismus stießen.

Für uns ließ dies nur eine einfache Schlussfolgerung zu:

Die Gesetze wurden gemacht, weil alle dachten, dass sie richtig sind.

Wir sehen heute Behinderte nicht als Behinderung der Gesellschaft an. Wir haben Gesetze, die Behinderte schützen.

 

Wir sind eine Integrationsklasse und unsere Schule befindet sich auf dem Weg, eine Inklusionsschule zu werden. Wir haben gelernt: Nicht die tolle Leistung bei Klassenarbeiten oder auf dem Sportplatz machen den Wert eines Schülers aus. Jeder Mensch hat unabhängig von Geschlecht, Alter oder Gesundheit seinen Wert und seine Würde.

 

Adolf und Emma Möbius und viele andere Kinder wurden ermordet, weil man ihren Wert nicht erkannt und ihre Würde nicht geachtet hat und nicht wirklich, weil sie schlecht laufen konnten oder anderweitig beeinträchtigt waren.

 

Auch wenn es einen Befehl gibt und viele daran glauben, muss er nicht richtig sein. Jeder muss auf sein Gewissen hören und entscheiden, was richtig oder falsch ist.

Es sind nicht die Gesetze, sondern die Menschen, die andere umbringen.

 

Ob man sich auf Grund von Behinderung, Nationalität, Religion oder etwas anderem von einer Mehrheit unterscheidet, ist eigentlich egal.

Anders sein darf nicht dazu führen ausgegrenzt oder gar verfolgt zu werden.


Menschen zu helfen, die Hilfe nötig haben, sollte selbstverständlich sein. Wir alle müssen wachsam sein, gegen jede Form von Hass und Ausgrenzung. Flüchtlinge, die in unser Land kommen, sollen unsere Wertschätzung erfahren, denn auch in unserer Zeit sind Toleranz, Offenheit und Hilfsbereitschaft wichtig.

 

Die Geschichte darf sich nicht wiederholen!


Die vielen friedlichen Gegendemonstrationen nach den schrecklichen Attentaten in Frankreich haben gezeigt, dass wir uns von Fanatismus nicht einschüchtern lassen müssen.